Frohes neues Jahr – Gauck & Merkel ordnen die Vergangenheit richtig ein und geben Anweisungen für die nächsten 12 Monate!

Jedes Jahr halten die beiden zentralen politischen Figuren der Bundesrepublik eine Weihnachts- bzw. Neujahrsansprache. Die Reden von Joachim Gauck und Angela Merkel enthalten dabei viel mehr als nur warme Worte vorm Tannebaum im schicken Jackett: Eine Einordnung der politischen Geschehnisse des vergangenen Jahres und ein Ausblick darauf, was “uns” 2017 erwartet.

Das ist uns Anlass genug, uns die Neujahrsansprachen der beiden genauer anzuschauen und auch selbst ein paar Worte zum neuen Jahr in diesem Land und dieser Welt zu verlieren.

Fair Trade, Bio, Regional. Beim Einkaufen die Welt verbessern?

Die Liste der Horrormeldungen ist lang: Brände und einstürzende Fabriken in Südostasien, wo Näherinnen für Hungerlöhne Klamotten herstellen. Dioxin in Eiern, krankmachende Pestizide in Obst und Gemüse, Hormone im Fleisch. Gerodete Wälder, bedrohte Tierarten und überfischte Meere. Und so weiter und so weiter!

All das ist im real existierenden Kapitalismus an der Tagesordnung. Fast wie selbstverständlich steht mit der Horrormeldung in der Regel bereits fest, wer die Verantwortung für all das Elend tragen soll: WIR! Wir als Konsumenten, weil wir die Produkte kaufen, die unter solchen Bedingungen hergestellt werden. Wir, weil wir mit unserem Konsum irgendwie und gewissermaßen die Sauereien der Agrar-, Lebensmittel– und auch allen anderen Industrien in Auftrag gegeben haben sollen. Grund dafür soll unser mangelndes Verantwortungsbewusstsein sein und unser Wille, für kleines Geld möglichst viel abzustauben. Damit steht die Lösung des Problems fest: Teurer, aber dafür „fair“, „bio“ und „regional“ einkaufen!

Stimmt das? Was ist dran an der für selbstverständlich gehaltenen Behauptung, dass „der Konsument“ diese Hässlichkeiten verursacht? Haben wir, weil wir diese Sachen kaufen, tatsächlich in Auftrag gegeben, dass sie unter diesen Bedingungen und mit diesen Konsequenzen produziert werden? Wer findet eigentlich qualitativ minderwertige, chemisch behandelte Kleidung gut? Wer ruft nach Smartphones, die maximal zwei Jahre lang funktionieren und deren Herstellung den Regenwald kaputt macht? Und was bewirken „Fair-Trade“ und „Biologischer Landbau“?

Terror in Paris

 

Diskussion am Donnerstag, den 3. Dezember 2016, um 19 Uhr im Bahnhof Langendreer, Raum 6.

Islamistische Terroristen aus Belgien und Frankreich töten über 130 Menschen und anschließend sich selbst. In der Folge wiederholen Bürger und Medien des Westens pausenlos Betroffenheits- und Solidaritätsbekundungen mit dem französischen Staat und seinem Präsidenten – ganz so, als hätten die Terroristen eigentlich auf ihn geschossen.

Der französische Präsident verhängt über seine Nation und seine Bürger den Notstand. Zentrale Grundrechte werden einschränkt, Militär und Presse in den Kriegsmodus versetzt, der IS in Syrien wird verschärft bombardiert und von den anderen EU-Staaten eine Beistandspflicht für einen Krieg eingefordert, dessen Ziel öffentlich nicht weiter bekannt ist. All das gilt als Folge des Terrors – ganz so, als ob die Terroristen dafür die Macht hätten.

Und auch in Deutschland ist „nach Paris“ angeblich „alles anders“, so dass verschärfte Sicherheitsgesetze, eingeschränkte Grundrechte und vor allem neue Bundeswehreinsätze in der Diskussion sind – ganz so, als wären dafür die Terroristen und nicht die gewählten Politiker verantwortlich.

In jedem Fall ist die einmütige Verurteilung des Terrors ebenso Bürgerpflicht wie die Loyalität gegenüber jenen Maßnahmen, die Politiker im Namen seiner Bekämpfung ergreifen – ganz so, als sei nationaler Fundamentalismus im Abendland nicht ebenso verbreitet wie der religiöse im Morgenland…Schlechte Zeiten also für Ursachenanalyse und kritische Fragen. Wir stellen sie dennoch:

1. Was ist, was will der politische Islam?
2. Und warum werden seine Anhänger im Nahen Osten und Westeuropa immer mehr?
3. Was ist Terrorismus?
4. Und welche Ziele verfolgen die westlichen Staaten im Namen der Terrorbekämpfung?

Leistungsgesellschaft

Dass die Menschen in unserer Gesellschaft über unterschiedlich viel Geld verfügen, ist jedem bekannt. Begründet wird das damit, dass sie unterschiedlich viel Leistung erbringen. Ein Chirurg leistet mehr als ein Hilfsarbeiter am Bau, ein Pilot mehr als ein Müllmann – klar also, dass sie mehr verdienen und auch mehr gesellschaftliche Anerkennung ernten.
Kritisch nachgefragt wird allerdings bei den Spitzenverdienern im Fußball oder den Managern großer Firmen. Kriegen Mats Hummels oder Martin Winterkorn eigentlich ihre Millionen zu Recht? Und bei den Bankern sind sich dann fast alle sicher, dass es nicht in Ordnung ist, wenn die absahnen – schon gleich seit der letzten Krise…
Wir wollen darüber diskutieren, ob die ganze Ausgangsidee überhaupt stimmt: Ist unterschiedliche Leistung der Grund für unterschiedliche Verfügung über Geld? Und was hat es mit der Frage der Gerechtigkeit auf sich?

Das Elend einer Spielfigur – Rolle der Ukraine in der Geopolitik

Vortrag und Diskussion mit Reinhard Lauterbach

Mittwoch 12. Oktober um 18.00 Uhr im Bahnhof Langendreer
Veranstalter: Gruppe K

Als im Winter 2013/14 hunderttausende von Ukrainern für einen „europäischen Weg“ ihres Landes auf die Straße gingen, mögen sie sogar an diese Perspektive geglaubt haben. Wenn Kiewer Politiker heute die „europäische Perspektive“ der Ukraine beschwören, täuschen sie vielleicht sich selbst, auf jeden Fall aber das Publikum. Selbst ein politisch unwesentliches, aber psychologisch wichtiges Detail wie der visafreie Reiseverkehr von Ukrainern in die EU wird in Brüssel von Quartal zu Quartal hinausgezögert. Der Grund sind nicht die „ausgebliebenen Reformen“ in Kiew, sondern ein viel banalerer: EU-Europa befürchtet eine massenhafte Armutsmigration, falls die Grenzen geöffnet werden. Dass sich die Ukrainer heute „enttäuscht“ und „betrogen“ fühlen, kann man nachvollziehen.

Denn der Versuch der „proeuropäischen“ Nationalisten, die Ukraine durch den Staatsstreich vom Februar 2014 auf Westkurs zu zwingen, hat in erster Linie dazu geführt, dass das Land heute ruiniert ist. Die Wirtschaftsleistung und das Durchschnittseinkommen sind auf die Hälfte gefallen, die auf den russischen Markt angewiesene Industrie bricht zusammen, und der US-Botschafter empfiehlt der Ukraine, sich auf eine glänzende Zukunft als Rohstofflieferant und „Agrarsupermacht“ einzustellen.

Gleichzeitig steht dem Land auf Jahre ein „eingefrorener“ Konflikt im Osten bevor. Der Westen braucht einen Kiewer Sieg nicht unbedingt. So, wie es ist, als dauernde Bindung von Ressourcen Russlands in einem Konflikt niederer Intensität, dient das Land den Einkreisungsplänen der NATO auch. Für die USA ist die Ukraine nur eines von mehreren Schlachtfeldern einer Auseinandersetzung, die nicht in diesem Land entschieden wird. Pech für dessen Einwohner.

Mittwoch, 12. Oktober um 18.00 Uhr im Bahnhof Langendreer (Raum 6)

Der Referent:

Reinhard Lauterbach, Jahrgang 1955, studierter Historiker und Slawist. Lange Jahre Redakteur bei verschiedenen ARD-Anstalten, seit 2013 freier Osteuropakorrespondent, u.a. für die Tageszeitung „junge Welt“. Lebt in Polen.

Polizei und Rassismus in den USA

Aufgrund von Nachfragen und aktuellen Geschehnissen wollen wir uns mit Polizeirassismus in den USA beschäftigen und laden zur offenen Diskusion.

Wir freuen uns vor allem über Fragen von Euch und haben auch selbst einige, über die wir uns Klarheit verschaffen wollen, zum Beispiel: Woher kommt eigentlich der Rassismus in den USA und was wollen eigentlich seine Gegner gegen ihn in Anschlag bringen?

Brexit und kein Ende – Was ist los in der EU?

Die Briten haben per Volksentscheid die EU abgewählt. Seit Tagen beherrscht dieses Thema die Nachrichten und wir alle sollen uns fragen, wie „es“ jetzt weitergehen soll.

• Reichen die Briten den „Scheidungsbrief“ jetzt ein – oder schrecken sie vor den Konsequenzen des Referendums, das sie selbst angeordnet haben, zurück?
• Muss das Referendum wiederholt werden, weil die Jugend für den Verbleib gestimmt hat und die Alten ja schon bald tot sind?
• Löst sich das „Vereinigte Königreich“ jetzt in seine Einzelteile auf, weil die Schotten und Nordiren bei der EU bleiben wollen?
• Kann die EU einen Austritt Großbritanniens verkraften?
• Was heißt das für die deutschen Unternehmen und ihren Export?
• Ist Merkel jetzt am Ende?
Undsoweiter undsofort.

In der ganzen Aufregung geht völlig unter, was denn da weitergehen soll. Woraus treten die Briten denn eigentlich aus? Stets wird beschworen, dass die EU ein tolles Projekt ist, das nach Jahrhunderten von Kriegen endlich den Frieden nach Europa bringt. Wer kann denn dagegen sein?

Inzwischen gibt es in jedem EU-Land so genannte Rechts-Populisten, die gegen den Euro oder sogar die EU kämpfen. Diese Parteien sind überall auf dem Vormarsch und kündigen nach dem Erfolg des „Brexit“ ähnliches für ihre Länder an. Sind „zuviel Bürokratie in Brüssel“ und „europäische Armutsmigration“ bzw. die neue deutsche Flüchtlingspolitik wirklich die Streitpunkte, um die es dabei geht?

Wir wollen klären
• was die EU eigentlich ist
• was die Rechtspopulisten an ihr stört
• warum die Briten ein Referendum angesetzt haben und mit dem Ergebnis nicht glücklich sind

Auseinandersetzungen Frankreich Arbeitsmarktreformen

 

Die sozialdemokratische Regierung in Frankreich will ein neues Arbeitsrecht durchsetzen, weil sie befürchtet, dass die französischen Unternehmen ansonsten in der Konkurrenz mit den deutschen weiter zurückfallen. Sie trifft dabei auf massiven Widerstand einiger Gewerkschaften und bei Teilen der Bevölkerung, die die bedeutenden Nachteile für sich nicht hinnehmen wollen. Streiks, große Demonstrationen und Protestaktionen und ziemlich harte Auseinandersetzungen zwischen Polizei und den Gegnern des Regierungs-Vorhabens kennzeichnen seit Wochen die Lage in Frankreich.

Offensichtlich ist das, was die französische Regierung für das Wohl aller hält, gar nicht so im Interesse eines großen Teils der Bevölkerung. Anlass genug, einmal nachzudenken über das Verhältnis von Allgemeinwohl und Interesse.

Stolz auf 125 Jahre Gewerkschaft? Nieder mit dem Lohnsystem!

 

Klar ist: Im Kapitalismus müssen Arbeiter um alles kämpfen, was sie brauchen – um Lohn, um Arbeitszeit, um Arbeitsbedingungen. Diesen Kampf können sie nur gemeinsam führen – alleine sind sie verloren. Dazu müssen sie sich organisieren. Diese Kampforganisation ist die Gewerkschaft. Stolz blickt der DGB zurück auf die Errungenschaften von 125 Jahre Gewerkschaftsbewegung.

Wir stellen die Gegenfrage: Was hat die Gewerkschaft denn für die Arbeiterbewegung erkämpft?

8-Stunden-Tag, die 5-Tage-Woche, das Streikrecht, ihre Anerkennung als Tarifpartner, das Betriebsverfassungsgesetz…
Wir sehen aber auch: Unsichere Arbeitsverhältnisse bei allen, ständig steigende Konkurrenz und Arbeitshetze, ein Viertel der Beschäftigten im Niedriglohnsektor, stetig sinkende Leistungen und stetig wachsende Belastungen bei den Sozialversicherungen, Jahre ohne Reallohnzuwachs, Rente mit 67 (und demnächst mit 70).

Das alles weiß die heutige Gewerkschaft natürlich auch – besser als wir. Sie hat ja alles mitverhandelt. In den Betrieben, bei Tarifverhandlungen, im Parlament; als anerkannte Kraft und wichtiger Verhandlungspartner.

Warum aber sieht die Lage der arbeitenden Klasse dann heute so scheiße aus?

1. Die heutige Gewerkschaft steht für die größte Lüge der Marktwirtschaft: Sie weiß zwar theoretisch irgendwo um den Gegensatz der Interessen von Kapital und Arbeit, meint aber, dass dieser Gegensatz vereinbar sei – solange sie selbst nur kräftig mitverhandeln darf!

2. Die heutige Gewerkschaft hat gelernt und anerkannt, dass Kapitalisten mit der Arbeit Gewinn machen müssen, weil es sonst keinen Lohn gibt. Deshalb tritt sie inzwischen offensiv für das nationale Wirtschaftswachstum ein. Dass für dieses Wachstum Lohnerhöhungen kontraproduktiv sind, dass genau dafür intensiver gearbeitet werden muss, dass genau dafür dann auch Arbeitsplätze wegrationalisiert werden müssen – all das sieht die heutige Gewerkschaft ein und trägt es deshalb mit!

3. Für die heutige Gewerkschaft heißt solidarisch zusammenstehen: Ganz im Sinne der Standortkonkurrenz müssen sich die deutschen Arbeiter gegen andere Nationen, z.B. China, behaupten. Dass die Durchsetzung gegen chinesische Konkurrenten bedeutet, dass dann eben chinesische Arbeiter Job und damit auch Existenzgrundlage verlieren, interessiert hier schon keinen mehr.
Nicht trotz, sondern auch wegen solchen Gewerkschaften arbeiten die Leute weltweit (!) immer noch unter der Bedingung, andere reich zu machen und bleiben selber arm. Der Kampf um ihre Existenzgrundlage hört nie auf. Sie stehen im Prinzip genauso beschissen da wie vor 125 Jahren.

Deswegen sind wir für eine andere gewerkschaftliche Kampfbewegung!

Eine andere gewerkschaftliche Kampfbewegung ist sich des Gegensatzes der Interessen von Kapital und Arbeit bewusst und hat dessen Überwindung zum Ziel:

1. Eine solche Gewerkschaft erklärt daher den Arbeitern, dass ihr Schaden (Lohn, der nicht zum Leben reicht & anstrengende Arbeitsbedingungen) notwendig aus ihrer Lage als Lohnabhängige resultiert und deswegen auch nie aufhört, solange es dieses System noch gibt. Eine solche Gewerkschaft, die sich der Notwendigkeit des Gegensatzes zwischen Kapital und Arbeit bewusst ist, ist deshalb eine revolutionäre Gewerkschaft.

2. Eine revolutionäre Gewerkschaft orientiert ihre Forderungen immer an der materiellen Lebenslage der Arbeiter. Und genau an diesem Maßstab misst sie ihren Erfolg – und nicht am Maßstab der Bedürfnisse der Gegenseite. Wenn eine revolutionäre Gewerkschaft also Kompromisse (z.B. Tarifabschlüsse) eingeht, um im Hier und Jetzt mehr raus zu holen, tut sie das in dem Bewusstsein, dass jeder Abzug von ihren (Lohn-)Forderungen Ausdruck davon ist, dass der Gegensatz ganz grundsätzlich beseitigt werden muss.

3. Solidarität unter den Arbeitern muss heißen, dass alle Geschädigten – egal ob Arbeiter in Deutschland, China oder den USA, egal in welcher Berufsgruppe, egal ob gerade in Beschäftigung oder arbeitslos! – ihre Konkurrenz so weit möglich zurückstellen, um die Ursache für ihre Konkurrenz zu beseitigen. Ein Argument im Lohnkampf, das die Arbeiter gegeneinander ausspielt, ist ein schlechtes Argument.

Im Kapitalismus sind Gewerkschaften notwendig und nützlich für die Arbeiterklasse.

Aber: Sie sollten nicht vergessen, dass sie gegen Wirkungen kämpfen, nicht aber gegen die Ursachen dieser Wirkungen!
Sie sollten daher nicht in diesem unvermeidlichen Kleinkrieg aufgehen, der aus den nie enden wollenden Kostenkalkulationen und Gewinnstrategien des Kapitals entsteht. Denn unter dem Motto: ‚Ein gerechter Lohn für ein gerechtes Tagwerk!‘ laufen sie den Berechnungen der Gegenseite immer nur hinterher. Stattdessen sollte sie die Ursachen des dauernden Kämpfen-Müssens angehen:

”Nieder mit dem Lohnsystem!”
Wer unsere Kritik an der Gewerkschaft oder unsere Vision einer anderen teilt oder über diese streiten will ist herzlich eingeladen.

4. Mai 2016, 19 Uhr, Bahnhof Langendreer (Wallbaumweg 108, Bochum), Raum 6

Was ist los in der Türkei? Und warum?

 

Terroranschläge, Verhaftungen von Linken, Gewerkschatern, Journalisten & Kurden-Politikern, Militäreinsätze gegen kurdische Siedlungen, Zeitungszensur, Schauprozesse gegen Generäle und Staatsanwälte, der Abschuss eines russischen Flugzeugs, Bombardierung von PYD und Rojava in Syrien, Großdemonstrationen, eine (Präsidial)Verfassungsreform, Berufsverbote für Wissenschaftler, Minenunglücke und Arbeiterproteste und schließlich das Abkommen mit der EU über die Deportierung und Internierung von unerwünschten Flüchtenden etc. pp. – all das ist die Türkei heute. Sehr vieles davon finden wir ekelhaft. Da es aber vorläufig noch nicht in unserer Macht steht, die Verantwortlichen in Berlin, Brüssel, Washington und Ankara an ihrem Tun zu hindern, nehmen wir uns zumindest die Freiheit, ihre Absichten zu untersuchen und zu erklären: Was ist los in der Türkei?
Vor drei Jahren hat die türkische Regierung ein Friedensabkommen mit den Kurden unterzeichnet. Obwohl die PKK nach wie vor zu diesem Abkommen steht, geht der türkische Staat unter Führung der AKP-Regierung seit Monaten gewalt- sam gegen kurdische Aktivisten und gewählte Politiker der HDP vor, schießt mit Panzern auf Städte und Dörfer im Südosten, bringt viele Menschen um und zwingt eine halbe Million Kurden zur Flucht. Warum?
Gleichzeitig verhafet der türkische Staat Linke, Anwälte und Intellektuelle, die sich kritisch zu diesen staatlichen Gewalttaten äußern und will programmatisch keinen Unterschied mehr machen zwischen sympathisierender Gesinnung und praktiziertem Aufstand gegen seine Politik. Aber auch ehemalige Weggefährten und früher sympathisierende Zeitungen, die z.B. der islamisch-konservativen Gülen-Bewegung nahe stehen, müssen mit Zensur und Repression rechnen. Ein neuer Faschismus?
Außenpolitisch hat die Türkei den Kampf des Islamischen Staats massiv gefördert, den Krieg in Syrien mit Waffenlieferungen befeuert und durch eingeschleuste Kämpfer unterstützt. Steht das im Widerspruch zur Nato-Partnerschaft?
Noch vor drei Jahren hat die EU und insbesondere Deutschland die Regierung Erdogan wegen ihres Vorgehens im Streit um den Gezi-Park harsch kritisiert. Momentan will ihr in der deutschen Regierung niemand mit Vorwürfen kommen – im Gegenteil: Die Türkei ist „unser wichtigster Freund in der Flüchtlingsfrage“. Merkel hat ihr ganzes politisches Gewicht in den Deal mit der Türkei gelegt. Verrät die EU da „ihre Werte“?

Montag, 4. April 2016, 19 Uhr Bahnhof Langendreer, Raum 6