Konsument_innen in Deutschland machen seit geraumer Zeit eine zusätzliche pikante Erfahrung mit der freiesten und alternativlosesten Wirtschaftsweise ever: Die Mieten steigen. Lebensmittel kosten mehr. Treibstoff, Strom und Heizung werden immer teurer. Die Löhne steigen eher nicht. Jedenfalls längst nicht so viel. Die Folge: Je geringer das Einkommen, desto stärker schlägt „die allgemeine Teuerung“ durch. Und jene, die bereits zuvor am staatlich definierten Existenzminimum knabberten, bekommen Probleme mit Ernährung und Grundversorgung.
Eine weitere – nicht ganz kostenlose – Lektion im lebenslangen Lernprozess der Lohnabhängigen will also gelernt sein: Es reicht eben nicht aus, sich damit abzufinden, dass die Mittel der Reproduktion und Interessensverfolgung von den Werktätigen zwar hergestellt werden, aber anderen gehören und deshalb einen Preis haben, den man oft nicht zahlen kann. Die allzu menschliche Gewöhnung an diese „Realität“ wird herausgefordert durch immer weiter steigende Preise. Zur Freiheit im Kapitalismus gehört daher auch die unschöne Frage, welche Bedürfnisse man und frau sich künftig abschminken möchte. Und wem es gelungen ist, durch Lohnarbeit finanzielle Rücklagen zu bilden, die nicht als Kapital fungieren, der muss eben auch lernen: Wie gewonnen so zerronnen!
Bei den „allgemeinen Preissteigerungen“ der Warenanbieter gibt es dummerweise eine große Ausnahme: Die Lohnabhängigen kriegen nicht automatisch mehr, nur weil die Preise für Wohnen, Essen, Heizen steigen. Sozialtransfer-Leistungen werden bekanntlich vom Staat diktiert. Und die abhängig Beschäftigten können ihren Preis, den Lohn, auch nicht ohne weiteres erhöhen. Sie können es nicht und – das ist bemerkenswert – sie sollen es auch gar nicht. Denn das wäre nach ziemlich einhelliger Meinung von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik in Deutschland ganz und gar kontraproduktiv und vor allem – unverantwortlich!
Bei der weiteren geistigen Bewältigung der „allgemeinen Teuerung“ wird der moderne Mensch zum Glück keineswegs allein gelassen. Die Presse benennt Ross und Reiter: Die „Preise steigen“, weil „die Inflation zurück“ ist. Aha! Danke! Verflucht! Als wäre das nicht Auskunft genug, drücken akademische „Experten“ dasselbe auch noch spiegelbildlich aus und konstatieren etwas mystisch: „Das Geld verliert an Wert“ – wo es doch sonst immer heißt, dass das Geld den Wert aller Waren misst…
Es fällt auf, dass diese Sorte Erklärungen seltsam subjektlose Vorstellungen über das Phänomen vermitteln – eine Art eigendynamischer Prozess, den niemand will und der doch über die Gesellschaft hereinbricht und unangenehme Folgen hat. Das muss nicht sein:
Seit dem neuesten Krieg bzw. seit den westlichen Sanktionen gegen Russland haben die Preise nämlich abermals kräftig zugelegt und gilt alles zuvor Gewesene ohnehin als vergessen. So kennt man nun wenigstens auch einen Schuldigen aus Fleisch und Blut, wenn „wir“ unsere Heizungs- und Stromrechnung nicht mehr zahlen können und einmal mehr
neue Hungersnöte in der 3. Welt anstehen.
In der Veranstaltung wollen wir diskutieren und klären, was Inflation ist; wie sie zustande kommt; wie die Presse das Phänomen behandelt und warum die Lohnabhängigen stets vor einer Lohn-Preis-Spirale gewarnt werden, aber nicht umgekehrt die Unternehmer vor einer Preis-Lohn-Spirale. Corona, Krise, Klimawandel und Krieg werden als „Preistreiber“ natürlich auch gebührend gewürdigt…
Mittwoch, 23. März, 19 Uhr
Link zur Teilnahme über Zoom:
https://us02web.zoom.us/j/83961424228