Wem gehört die Ukraine?

Vortrag und Diskussion mit Reinhard Lauterbach

Seit Monaten alarmieren westliche Medien ihr Publikum mit der immer gleichen Nachricht: Russland bzw. schlicht „Putin“ plane einen Einmarsch in die Ukraine und habe an seinen Grenzen über hunderttausend Soldaten stationiert. Ebenso lange dementiert die russische Staatsführung, dass sie vorhabe einzumarschieren, und fordert von den USA und der NATO schriftliche Garantien dafür, dass es keine weitere NATO-Osterweiterung gibt und die Ukraine nicht in die Militärallianz integriert wird. Westliche Führer_innen, die per Definition immer um Diplomatie und Deeskalation bemüht sind, ignorieren die russischen Forderungen ganz grundsätzlich.

Dennoch kann von „Stillstand“ im Konflikt keine Rede sein. Washington, Brüssel & London „beantworten“ (!) „die Bedrohung“ (!) mit der raschen Aufrüstung der Ukraine, mit weiteren Truppenverlegungen in die Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes und direkt an die russische Grenze, mit Kriegsschiffen & Flugzeugträgern im Schwarzen und im Mittelmeer und mit endlosen Drohungen in Richtung Moskau. An den Grenzen zu den Volksrepubliken Lugansk und Donezk sowie an der Krim marschieren massive Verbände der ukrainischen Armee auf. Washington verlangt von seinen europäischen „Partnern“ die Bereitschaft zu (wirtschaftlichen) Opfern beim Kampf gegen das Böse; last but not least von der BRD das Ende der fertiggestellten Gaspipeline North-Stream II.

Schließlich entfaltet sich eine ganz bunte Reisediplomatie zwischen den beteiligten Befehlsgeber_innen höchster Gewaltanwendung, die interessierten Beobachtern ein wenig Einblick gibt in deren Bündnisse, in ihre Berechnungen und Beweggründe bei der diplomatischen „Vermeidung eines Krieges“.

Die geistige Mobilmachung der Völker, die von den Entscheidungen und der Geheimdiplomatie ihrer Regierenden betroffen gemacht werden,  übernimmt in der westlichen Demokratie traditionsgemäß und – wie immer zuverlässig – die vierte Gewalt. (Ein Sendeverbot für RT stellt sicher, dass die fällige Feindbildpflege nicht durch ungeeignete Informationen und Überlegungen gestört werden.) Das Publikum der freien Welt wird dabei dazu eingeladen, sich als ideeller Richter über Fragen rechtmäßiger und unrechtmäßiger Gewaltanwendung aufzuspielen: Wer ist aggressiv, wer verteidigt? Wem gebührt die Hoheit über Provinzen und Staaten? Wer sollte über welche Waffen verfügen?  Fragen, die vor allem eindeutig und zweifelsfrei mit der Parteinahme für die Entscheidungen der eigenen Herrschaft zu beantworten sind.

Die Auseinandersetzung mit Fakten und nachgewiesenen Lügen über den „Ukraine-Konflikt“ sind für diese Sorte Volksmobilisierung eher unnötig. Eine Erkundigung nach dem geostrategischen und historischen Hintergrund der aktuellen Konfrontation wäre geradezu kontraproduktiv. Ganz und gar unpassend für die fällige Feindbildpflege sind Erklärungen, warum westliche Staaten nach dem „Kalten Krieg“ die Welt kontinuierlich mit heißen Kriegen überziehen und auch nach dem Rückzug der sowjetischen Armee aus Osteuropa, der Auflösung der UdSSR und dem „Ende des Kommunismus“ in Russland einen Hauptfeind sehen.

Genau deshalb wollen wir diesen Fragen mit der Expertise des Osteuropa-Experten und Journalisten Reinhard Lauterbach nachgehen. Vermutungen über eine heimliche Parteinahme der Gruppe K für den Feind treten wir dabei schon mal offensiv entgegen: Eigentlich scheißegal, wer an Wolga, Dnjepr und Ruhr regiert, solange dort wie hier Kapitalismus und Staatenkonkurrenz den Leuten zu schaffen machen.