Zum Ukrainekrieg: Gegen die Fassungslosigkeit

Russland marschiert in die Ukraine ein. Und alle Welt gibt sich „fassungslos“ und erschüttert“ wegen „der Gewalt“, dem „Bruch des Völkerrechts“ und weil in Europa womöglich kriegerisch neue Grenzen gezogen werden.

Die demonstrative Fassungslosigkeit der westlichen Führer_innen wirkt auf den ersten Blick verstörend: Seit über 30 Jahren, d.h. seit dem Ende des Kalten Krieges marschieren ihre Armeen in andere Staaten ein, bombardieren und  besetzen diese und lassen oft zerstörte Weltgegenden mit Hunderttausenden Toten und Flüchtenden zurück. Ihre Kriege erfolgen nicht selten unter Missachtung des Völkerrechts (Jugoslawien, Irak, Libyen), da angeblich Genozide und Schlimmeres drohen. Vertreter_innen des westlichen Bündnisses beherrschen also die Sprache der Gewalt, über die sie sich jetzt so empört geben – auch und gerade in Europa. Und sie verlangen von anderen Staaten und der „Weltöffentlichkeit“, dass ihr Vorgehen mit seinen jeweiligen Begründungen als legitim anerkannt wird.

Auf den zweiten Blick ist es daher nicht die Gewalt, der Bruch des Völkerrechts und auch nicht der Umstand, dass der aktuelle Krieg in Europa stattfindet, der die allgemeine Empörung begründet. „Erschüttert“ ist man schon eher darüber, dass das beanspruchte Monopol auf diese Sorte globaler Gewaltanwendung Brüche bekommt. „Fassungslos“ ist man offenbar, weil Russland die gleichen Mittel zur Wahrung seiner Interessen anwendet.

Überraschend kommt der russische Militäreinsatz indes nicht. Die NATO hat sich im Gegensatz zum Warschauer Pakt nicht aufgelöst. Sie wurde entgegen anderslautender Versprechen vielmehr um 14 Staaten in Osteuropa erweitert und um etwa 1000 km näher an Russland herangerückt. Sicherheitsbedenken Russlands wurden offensiv ignoriert; ebenso alle diplomatischen Vorschläge. Mit dem Staatsstreich 2014 in der Ukraine und der daraus folgenden Hinwendung zum Westen/zur Nato ist aus russischer Sicht inzwischen endgültig eine „rote Linie“ überschritten. Russland kalkuliert offenbar, dass der Zeitpunkt günstig ist, die Ukraine zu „demilitarisieren“ als Sicherheitskorridor zwischen Russland und den NATO-Stützpunkten – das beruht auf der Einschätzung, dass die NATO wegen der Ukraine nicht in den direkten militärischen Konflikt mit Russland tritt.

Fazit:

Wem die bisherigen NATO-Maßnahmen recht und billig waren, der möge jetzt nicht erschrocken über die Konsequenzen sein! Auch wer bisher dachte, Russland sei ein Friedenstifter in der Welt, der möge aufwachen!

Denn: die herrschende Weltordnung basiert auf Gewalt. Neben der friedlichen Konkurrenz um die Ausbeutung der Lohnabhängigen und der Natur weltweit, neben Handelskriegen, ewigen Krisen, (Klima)Katastrophen und anderen Seuchen gehört der Krieg – gewissermaßen als I-Tüpfelchen – zu dieser Weltordnung dazu. Wer gegen Krieg und seine Gründe ist, der muss gegen den Imperialismus sein!

Die Frage der konkurrierenden Machtblöcke, wer das Recht dazu hat, Kriege zu führen, Land und Leute zu erobern und über Gut und Böse zu richten – das ist nicht unsere Frage. Unsere Frage ist: Wie wird man diesen Mist los? Wer braucht diese Wirtschaftsweise, diese Staaten, diese Kriege?

Wir empören uns nicht über vermeintlich üblere Staaten, wir hoffen nicht darauf, dass unsere „Verantwortungsträger“ für Frieden sorgen. Wem die Ukraine auch gehört, ob westlichen oder östlichen Oligarchen: Das ändert für uns hier und die kleinen Leute dort rein garnichts!

Unser Ärger bleibt derselbe: Dass die Staaten ihre Konkurrenz mit uns als Manövriermasse austragen und wir – wie alle Völker dieser Welt – dem nur ohnmächtig zusehen. 

Und weil es „nun mal“ keinen Frieden unter diesen Verhältnissen gibt und wir keinen Krieg wollen, lautet unsere Parole:

NATO & Russland: Wir. Dienen. Euch. Nicht!

Kein Frieden mit diesen Verhältnissen!

Lehre der Corona-Krise über die EU

Die EU wird in der deutschen Öffentlichkeit gerne als die Überwindung von nationalem Egoismus und als geradezu einzigartiges Projekt von Friedenssicherung und Völkerfreundschaft gepriesen. Frage: Wie schaut diese Völkerfreundschaft in den letzten Wochen aus, wo ein neuartiges Virus grassiert und den europäischen Völkern ziemlich zu schaffen macht? 

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Lehre der Corona-Krise über Krankenhäuser

Seit Jahren werden in Deutschland Krankenhäuser geschlossen, Krankenhausbetten reduziert. Am Pflegepersonal wird gespart, die Bevorratung mit Heil- und Desinfektionsmitteln sinkt in Praxen, Krankenhäusern und überall geht es um die Vollauslastung der Kapazitäten unter Normalbedingungen – alles gemäß dem gesundheitspolitisch gewollten „Wirtschaftlichkeitsgebot“. Ärzte, Schwestern und auch die Patienten finden das mehrheitlich mindestens lästig bis belastend und in vielen Fällen hinderlich bis gefährlich. Und mancherorts wurde an Kliniken und in Pflegeheimen protestiert und gestreikt für bessere Arbeitsbedingungen und bessere Patientenversorgung – unter Normalbedingungen. Aber es gilt „nun mal“ und so wird in Deutschland immer wieder darüber diskutiert ob „wir“ nicht „zuviel Krankenhäuser“ haben. Jetzt ist die Corona-Welle im Land mit dem so hochgelobten Gesundheitssystem noch gar nicht richtig angelaufen, da ist die Kapazitätsgrenze schon erreicht (Bericht Monitor 12.3.). 

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Lehre der Corona-Krise über die Medizinwissenschaft


Führende deutschen Virologen und Infektions-Mediziner schreiben in einem solchen Fall Papiere und Empfehlungen. Sie haben sogar schon vorsorglich solche Szenarien durchdacht und Pläne dafür ausgearbeitet (siehe z.B. Monitor 12.3.). Aber was aus ihren wissenschaftlichen Expertisen und Ratschlägen wird, ob sie zurück gewiesen werden, weil sie volkswirtschaftlich schädlich eingeschätzt werden oder Gehör finden, weil dies volkswirtschaftlich geboten erscheint, das liegt nicht an ihnen und ihren Argumenten, sondern daran, wie das Zentrum der deutschen Macht darüber nach den oben erörterten Kriterien entscheidet. So geht Vernunft in einer Gesellschaft, die sich wer weiß was auf ihre Aufklärung, ihre wissenschaftliche Rationalität zugute hält. 
Das hat natürlich auch Konsequenzen für die jetzt eingeschlagene Politik. Warum beispielsweise werden Schulen geschlossen, Betriebe mit hunderten von Arbeitnehmern aber nicht? Aus pur medizinischer Sicht ist das eher nicht zu erklären! Der fällige Rückschluss: die Unterschiede im Verfahren kommen woanders her: Die Gewinnproduktion in Deutschland soll möglichst wenig nach unten krachen, schon wieder wollen „wir“ aus dieser „Krise“ möglichst gut und vergleichsweise besser als die anderen herauskommen und deshalb gilt: „Eine nur potentielle Ansteckungsgefahr – auf dem Weg zur Arbeit oder am Arbeitsplatz – gehört zum allgemeinen Lebensrisiko.“ Regiert wird das Land eben von einem kapitalistischen Staat und nicht von der Vernunft.

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Lehre der Corona-Krise über Regierungen und ihre Entscheidungen

Das Corona-Virus gibt es seit Mitte Dezember. Lange lange heißt es hier in Deutschland, dass sei alles ein chinesisches Problem und für die deutsche Bevölkerung bestehe Nullkommanull Anlass zur Sorge. Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn stellt sich ins Bild, um zu sagen, dass jede anständige Grippe-Welle in Deutschland gefährlicher sei – als seien die 25.000 Grippetoten aus 2018 ein gutes Argument dafür, sich um das neue Virus nicht groß zu kümmern. Das übrigens, obwohl schon der Ausbruch des Sars-Virus 2002 deutlich gemacht hat, wie schnell sich in „Zeiten der Globalisierung“, wie es immer so schön heißt, so ein Ding über den Erdball verbreitet. Anders als im „autoritären China“ sei es im freien Westen unmöglich, die Bürger mit Zwangsferien und strenger Quarantäne zu bevormunden, sprich: hier herrscht business als usual – Warenproduktion und -verkehr sowie das weltweite Rumdüsen werden nicht eingeschränkt. 

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